Allgemeine Informationen zum Impfstoff der Firma AstraZeneca
In den vergangenen Wochen bin ich von vielen Patienten schriftlich als auch mündlich um eine Stellungnahme und Beratung hinsichtlich der Impfung mit dem Impfstoff von AstraZeneca unter besonderer Berücksichtigung des Thrombose-Risikos gebeten worden.
Wie seit Beginn der Corona-Infektion weise ich stets darauf hin, dass Panikmache und Katastrophieren ein schlechter Ratgeber in der Medizin ist. Schauen wir uns also erst einmal an, wie hoch überhaupt das Risiko ist, an einer schweren Verlaufsform nach der Impfung zu erkranken. Vom Paul-Ehrlich-Institut wurden bis zum 19.03.2021 bei mehr als 1,6 Millionen verabreichten Impfdosen der Firma AstraZeneca insgesamt 13 Fälle einer Thrombose berichtet. Es handelt sich dabei um 12 Frauen und einen Mann in einem Altersspektrum zwischen 20 und 63 Jahren. Dies entspricht einem dokumentierten Anteil von 0,00081 % unter den geimpften Personen. Es handelt sich also um eine extrem seltene Komplikation.
Wieso kommt es eigentlich zu dieser seltenen Thrombose? Aktuell geht man davon aus, dass es sich hierbei um ein immunologisches Geschehen als Ursache der Thrombose-Neigung handelt. Wahrscheinlich wird durch die Impfung im Rahmen der Immunstimulation eine Antikörperbildung gegen Thrombozyten-Antigene, welche zur Blutstillung und Wundverschluß benötigt werden, ausgelöst. Durch diese immunologische Reaktion kommt es zu einer massiven Thrombozyten-Aktivierung und damit Ausbildung von unkontrollierter Gerinnung und damit zu Thrombosen. Deshalb lag bei den bisher gemeldeten Patienten auch gleichzeitig ein Thrombozyten-Abfall vor, die Thrombozyten werden als Gerinnungsbausteine verbraucht. Es handelt sich bei dieser Erklärung um ein wissenschaftliches Modell, welches keinesfalls abschließend bewertet ist, so muss eine gewisse Unsicherheit verbleiben.
Stellt man sich nun die Frage, ob der AstraZeneca-Impfstoff sicher ist, so kann man auf die europäische Arzneimittelagentur verweisen, die in ihrer Stellungnahme am 19.03.2021 zu dem Schluss gekommen ist, dass die positiven Effekte einer Impfung mit AstraZeneca bevölkerungsbezogen die negativen Auswirkungen deutlich überwiegen. Dieser Meinung haben sich sämtliche nationalen und internationalen Fachgesellschaften angeschlossen. Dabei handelt es sich um eine in der Medizin typische Risiko/Nutzen Abwägung. Durch welche Maßnahme nehmen Menschen mehr Schaden, durch die Impfung oder die Krankheit selbst. Bei seltenen Nebenwirkungen wie der Sinusvenenthrombose wird der tragische Einzelfall bewusst in Kauf genommen, um andere wiederum zu schützen.
Viele fragen mich nun, ob sie nach Lungenembolien, Herzinfarkten, Schlaganfällen oder Beinvenenthrombosen ein erhöhtes Risiko haben. Hier muss man sagen, dass es sich in dem Modell um eine immunologische Genese der Sinus- und Hirnvenenthrombosen handelt. Deswegen haben Patienten mit einer Thrombose-Anamnese, wie Beinvenenthrombose oder Lungenembolie, soweit man das aktuell sagen kann, kein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf und auch kein erhöhtes Risiko für einen seltene Sinusvenenthrombose. Abraten möchte ich jedoch Patienten, bei denen eine erworbene oder angeborene schwere Gerinnungsneigung vorliegt wie spontane arterielle Thrombosen in der Vorgeschichte, Antithrombin-, Protein C- oder Protein S-Mangel oder Faktor-V-Leiden-Mutationen. Diesen Patienten möchte ich aufgrund der bestehenden Alternativen unmissverständlich abraten, da es gut erprobte Alternativen gibt.
Wir können also abschließend sagen, dass das Risiko, sich mit AstraZeneca impfen zu lassen, auch für Patienten mit stattgehabtem Herzinfarkt oder Beinvenenthrombosen nach aktuellem Kenntnisstand nicht erhöht ist. Die ständige Impfkommission bleibt zum jetzigen Zeitpunkt abweichend von der Stellungnahme der EU-Arzneimittelbehörde bei ihrer Empfehlung, dieses Vakzin weiter nur bei Menschen über 60 einzusetzen. Der Impfstoff bietet einen Schutz vor schweren Verläufen, hat soweit diese Daten belastbar sind ein Defizit bei bestimmten Virusmutationen.
Ich möchte abschließend ergänzen, dass Sie verstehen müssen, dass Impfen immer eine Vertrauenssache ist. Das heißt, in Ihrer individuellen Entscheidung sollten Sie sich nach ihrem Bauchgefühl richten. Wenn Sie große Sorge und Angst haben und die oben genannte sachliche Wertung nicht dazu beitragen kann, Sie zu beruhigen, dann sollten Sie sich auch nicht mit dem Impfstoff impfen lassen. Ein anderer wird jetzt vielleicht beruhigt sein und die Möglichkeit einer schnellen Impfung dem persönlichen Risiko vorziehen. Einen drastischen Grund zur Beunruhigung sehe ich angesichts der aktuellen mir vorliegenden Daten nicht.